„Unter ‚empowerment‘ verstehe ich, dass es unser Ziel sein sollte, für Menschen die Möglichkeiten zu erweitern, ihr Leben zu bestimmen. … Mit dem Konzept ‚empowerment‘ können wir nicht länger Menschen einfach als ‚Kinder in Not‘ oder als ‚Bürger mit Rechten‘ sehen, sondern vielmehr als vollwertige Wesen, die sowohl Rechte als auch Bedürfnisse haben. Wir müssen uns mit dem Widerspruch auseinandersetzen, dass selbst Menschen mit wenigen Fähigkeiten oder in extremen Krisensituationen, genauso wie jeder von uns, eher mehr als weniger Kontrolle über ihr eigenes Leben brauchen. Das heißt nicht notwendigerweise, daß wir deren Bedürfnisse nach Hilfe vernachlässigen, wenn wir für mehr Selbstbestimmung votieren. Empowerment ist eine Denkweise, die mehr Klarheit über die divergente Natur sozialer Probleme bringt.“ (Julian Rappaport)
Empowerment ist eine Methode, die weit über Hilfe für die Bewältigung des eigenen Lebens hinausgeht. Es geht gerade nicht darum, dass eine Person mit professioneller Ausbildung unterstützungsbedürftigen Menschen hilft. Empowerment ist ein gemeinschaftliches Ergebnis von Menschen, die sich zusammenfinden, um das Vertrauen in die eigenen Kräfte zu stärken. Machtlosigkeit, Resignation und Hoffnungslosigkeit sollen überwunden werden. Das Leben wird (wieder) in die eigene Hand genommen. Diese Fähigkeit wird nicht einfach vermittelt, sondern gemeinschaftlich erlebt und erarbeitet. Empowerment macht Mut, auf seine eigenen Ressourcen zu vertrauen.
In der Anwendung werden in Deutschland häufig vier Handlungsebenen von Empowerment (etwa nach Norbert Herriger, „Empowerment in der sozialen Arbeit“) unterschieden. Diese Ebenen sind:
1. Persönliches Empowerment (personenzentrierte Beratung u. a. durch Peer Counseling und Peer Support)
2. Empowerment auf Gruppenebene (Weiterbildungen, zeitlich befristete Gruppen und Projekte)
3. Empowerment auf Organisationsebene (Bildung eigener Gruppen und Organisationen)
4. Empowerment auf politisch-struktureller Ebene (Einsatz für Gerechtigkeit, Gesetzesinitiativen, Beteiligung behinderter Expert*innen in Gremien)
Ganz allgemein finden sich in der Literatur folgende Prinzipien des eigenen Empowerment-Prozesses:
• Aus der Opferrolle herauskommen
• Bewusstsein für die eigene unveräußerliche Würde entwickeln
• Soziale Netzwerke bilden
• Entwicklung von vielfältigen Kompetenzen
• Keine Ehrfurcht vor „künstlichen“ Autoritäten haben
• Handlungsfähigkeit gewinnen, aktiver Umgang mit Problemen
• Probleme als Herausforderungen begreifen
• Sich selbst treu bleiben – Selbstvertrauen entwickeln
• Lernen, „nein“ zu sagen, zu Dingen die du nicht willst
• Lernen „ja“ zusagen zu sich selbst und der eigenen Wertschätzung
• Eigene spirituelle Kraftquellen entdecken und wiederbeleben (singen, tanzen, spielen, schreiben, Theater spielen, lachen, Kontakt haben, beten, meditieren, malen, Naturerlebnisse haben, Gedichte lesen, töpfern, etc.)